Weltweit leiden immer mehr Menschen an Depressionen, dies ist zugleich auch eine ernsthafte Entwicklung, denn Depressionen sind potenziell lebensbedrohlich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die Erkrankungen allein in Deutschland auf 4,1 Millionen Menschen (Stand: 2017), dies ist angesichts von 81 Millionen Einwohnern erheblich.
Allerdings sind Depressionen, anders als häufig gedacht, durchaus heilbar durch eine Therapie. Den Patienten stehen diverse Formen einer Psychotherapie zur Verfügung, wobei aber die Gesprächstherapie den größten Unterschied macht. Bei leichten Depressionen ist sogar nur eine Gesprächstherapie ohne Medikamente teilweise sogar ausreichend.
In Deutschland übernehmen jeweils die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die drei Formen der Psychotherapie, denn sie werden als „Richtlinienverfahren“ akzeptiert. Als Grundlage dieser Therapien dienen die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Folgende Methoden werden in Deutschland angewendet:
- Verhaltenstherapie
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- Analytische Psychotherapie
Zusätzlich werden einzelne Therapieformen angeboten, welche im Wesentlichen aber nur private Krankenkassen anerkennen, diese übernehmen dann auch vollständig die Kosten.
Nicht jede Therapie eignet sich für jeden, denn es handelt sich stets zu einer individuellen Entscheidung. Es empfiehlt sich, sich zuvor über die Therapieformen zu informieren, sodass im Anschluss nach einem geeigneten Therapeuten Ausschau gehalten werden kann.
Verhaltenstherapie: Symptome werden aktiv gemindert
Die Verhaltenstherapie gegen Depressionen hat die Besonderheit, dass davon ausgegangen wird, dass das Verhalten gelernt wurde (Lerntheorie). Negative Denkmuster und destruktives Verhalten wurden laut dieser Annahme über die Lebensjahre gelernt, diese Überzeugungen sind wiederum für den Status quo verantwortlich. Das Ziel des Psychologen ist, dass neue Verhaltensweisen erlernt werden und diese verinnerlicht werden, sodass es schlussendlich zu einer positiven Verhaltensweise kommt.
Ferner kommt es zur Annahme, dass es eine gewisse Diskrepanz gibt, zwischen „Soll“- und „Ist“-Zustand des Patienten. Der Psychologe geht demnach davon aus, dass der Patient darunter leidet, weil Wünsche und Erwartungen nicht erfüllt werden. Das ist vorwiegend bedauerlich, wenn viel Kraft für ein Ziel aufgewendet werden, sodass es keine verfügbaren Energiereserven mehr gibt. Die Person sieht sich den alltäglichen Aufgaben nicht mehr gewachsen, dadurch kommt es zu einer Schwarz/Weiß-Weltanschauung.
Es kommt schlussendlich auf die Ausprägung der Depression an, welche kurz- und langfristige Therapiemaßnahmen gewählt werden, hiervon abhängig ist auch die Zielausrichtung und die Intensität der Maßnahmen.
- Kurzfristig wirksame Therapiemaßnahmen: Findet Anwendung, wenn der Patient sich Vorwürfe macht, unter starken negativen Emotionen leidet oder antriebslos ist. Durch diese Maßnahme wird der Patient kurzfristig gestärkt, sodass ein nachhaltiger Lernprozess vonstattengeht. Von hier aus werden weitere Maßnahmen ergriffen.
- Langfristig wirksame Therapiemaßnahmen: In dieser Phase werden die kognitiven Voraussetzungen geschaffen, damit der Erkrankte optimistisch in die Zukunft schauen kann und seine Lebenseinstellung überdenkt. Der Umgang mit Emotionen und deren Regulierung lernt der Betroffene hiermit kennen. Es kommt zur Motivation, dass das eigene Verhalten geändert wird und positive Tätigkeiten nachgegangen wird, sodass das Selbstbewusstsein gestärkt ist.
Bei der Verhaltenstherapie kommt es zu all den Effekten insbesondere durch Rollenspiele, denn Verhaltensweisen werden auf diesem Wege am besten mit einem Therapeuten gelernt. Nach den Sitzungen ist das Ziel, dass der Patient entweder allein oder in Begleitung das gelernte umsetzt, dies ist auch möglich, da die Situationen ihn nun vertrauter sind.
Die Grundlage für diesen Erfolg ist aber das Aufbauen eines Selbstbewusstseins und eine Belastbarkeit aufzubauen, damit in der Psychotherapie neue positive Emotionen erzeugt werden können. Misserfolge sind selbstverständlich nie ausgeschlossen, diese können dann aber genauso wie Erfolge gemeinsam besprochen werden. Der Patient wird damit sicherer durch jeden (Miss-)Erfolg.
Typische Methoden und Merkmale der Verhaltenstherapie:
- Durchführen von Problem- und Bedingungsanalysen
- Verhaltensübungen (etwa durch Rollenspiele)
- Konfrontation mit Situationen, die Stress oder Angst auslösen
- Erfolge verstärken durch Lob oder Belohnung
- Therapeut und Patient sitzen sich gegenüber auf Augenhöhe
Eine Kurzzeittherapie wird in circa 25 Stunden absolviert, eine Langzeittherapie innerhalb von 50 Therapiestunden. Insgesamt werden maximal 80 Sitzungen genehmigt. Diese Methode ist handlungs- und lösungsorientiert.
Tiefenpsychologie: Lösung von akuten Problemen
Die sogenannte tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird auch psychodynamische Therapie genannt und stellt die häufigste Therapie gegen Depression dar. Anders als die Verhaltenstherapie kann die Tiefenpsychologie nicht nur innerhalb Einzelpersonen stattfinden, sondern auch bei Gruppen.
Die Tiefenpsychologie wurde aus der Psychoanalyse entwickelt und betrachtet insbesondere innere Konflikte, Entwicklungsstörungen und die aktuelle Lebenssituation. Diese Therapie ist problemorientiert und schafft hieraus eine Lösung. Damit die Therapie erfolgreich werden kann, ist eine Analyse der Ursachen notwendig, meistens liegt dies in der Vergangenheit verborgen, etwa in der frühen Kindheit oder im Grundschulalter.
Diese Aufarbeitung stellt eine „Tiefe“ dar, denn gemeinsam wird sich in das Unterbewusstsein begeben. Das ist auch wichtig, denn meistens sind die Ursachen in der Vergangenheit zu suchen, an die sich kaum mehr erinnert wird. Die Tiefenpsychologie kann die Ursachen ausfindig machen, was wiederum bei der Behandlung hilft.
Insgesamt basiert die Annahme, dass die Depression durch innere und ungelöste Konflikte zustande kommt, einschließlich Traumata. All das sammelt sich im Unterbewusstsein und kann dann für Probleme sorgen, die Therapie möchte das Unterbewusste in das Bewusstsein holen, um es vollständig verarbeiten zu können.
Zusätzlich werden gewisse Tipps und Ratschläge mitgeteilt, um sich stets richtig zu verhalten, um zukünftig Probleme dieser Art zu vermeiden. Damit geht auch eine Verhaltenstherapie mit dieser Therapieform einher, auch wenn dies nicht in einem großen Ausmaß passiert.
Folgende Merkmale und Methoden zeichnen die Tiefenpsychologie aus:
- Therapeut und Patient sitzen auf Augenhöhe gegenüber
- Gespräche mit Deutungen, Konfrontation und Klarstellungen stehen im Mittelpunkt
- In der Regel sind 50 Sitzungen notwendig, maximal werden 120 Sitzungen genehmigt
- Therapiesitzungen finden einmal bis zweimal wöchentlich statt
Im Rahmen der Therapie werden unbewusste Gefühle entdeckt, die aktuelle Lebenssituation (einschließlich Beziehungen) geprüft, Erwartungen und Vergangenheit sind ebenfalls Teil der Therapie.
Analytische Psychotherapie: Erkundung der Persönlichkeit
Die analytische Psychotherapie stellt eine Langzeittherapie dar, welche mindestens 80 bis 240 Sitzungen in Anspruch nimmt, maximal können 300 Sitzungen genehmigt werden, welche von den gesetzlichen Krankenkassen entsprechend erstattet werden. Diese analytische Form basiert auf der Psychoanalyse, welche allerdings andere Aspekte und Faktoren in den Mittelpunkt stellt.
Im Vordergrund dieser Psychotherapie steht die Persönlichkeit des Patienten, dies ist auch der wesentliche Punkt, wodurch sich diese Form von den anderen Varianten unterscheidet. Die aktuellen Konflikte sind in dieser Hinsicht nicht zentral, sondern die Persönlichkeitsanteile des Patienten (mitsamt dem wiederkehrenden Muster im Verhalten).
Diese Therapie eignet sich damit vor allem für jene, welche keine Konflikte nach Außen führen, sondern nach Innen. Damit ist etwa eine Lebensunzufriedenheit gemeint oder eine eingeschränkte Erlebensweise. Die Therapie hilft beim Verstehen und Erkennen der Gefühle und Gedanken. Die Symptome werden auf diese Art und Weise gelindert.
Das sind die typischen Merkmale und Methoden in der analytischen Psychotherapie:
- Therapeut und Patient sitzen sich auf Augenhöhe gegenüber
- Unbewusstes wird bewusst gemacht
- Patient wird vorbereitet, dass Gefühle und Gedanken ausgedrückt werden
Das Ziel dieser Therapie ist, dass Emotionen aus früheren oder aktuellen Beziehungserlebnissen wieder erweckt werden, dafür reagiert der Therapeut emotional auf die Verhaltensweisen, dies soll wiederum unbewusstes offenlegen und Informationen für die Analyse und den Therapieerfolg fördern.
Während der Therapie wird es seitens des Psychologen zu keinen Ratschlägen kommen, denn dieser findet sich lediglich in der Beobachterrolle. Er analysiert, was der Patient sagt, und konfrontiert ihn wiederum mit den Erkenntnissen.
Welche Therapien sind wissenschaftlichen anerkannt?
Wissenschaftlich anerkannt ist die systemische Therapie und Gesprächstherapie, beide werden aber nicht von den gesetzlichen Krankenkassen als „erstattungsfähig“ eingestuft. Wiederum im Vorteil sind all jene, welche sich in einer privaten Krankenkasse befinden, denn hier werden beide Formen in der Regel erstattet.
Was ist eine systemische Therapie?
Die systemische Therapie setzt den Kontext zur Depression in den Vordergrund, hierbei wird untersucht, wie das Erleben der Familie und der sozialen Normen das Leiden hervorrufen oder beeinflussen. Die Familie und der Umgang mit der Umwelt stehen im Vordergrund, wodurch diese Form häufig auch als „systemische Familientherapie“ bezeichnet wird.
Der Therapeut kann sich ein größeres Bild verschaffen, indem das soziale Umfeld ebenfalls einbezogen wird. Es können auf diesem Wege etwa Soziogramme erstellt werden, wodurch Beziehungen untereinander verdeutlicht werden können.
Bei dieser Art der Therapie finden die Sitzungen mit großem Abstand zueinander statt, sodass die aufgegebenen Hausaufgaben vom Patienten ausführlich ausprobiert werden können. In jeder Sitzung werden kann neue Erlebnisse und Erkenntnisse besprochen, wobei es sich stets um wenige Sitzungen handelt. Der Patient ist hier aktiv und nicht in der Rolle des „Befragten“.
Als problematisch wird bei der systemischen Therapie bezeichnet, dass die Emotionen ausgeklammert werden, da sich die Therapie auf sprachliche Konstrukte stützt. Die Biografie des Patienten rückt in den Hintergrund, innere Konflikte werden nicht aufgeklärt.
Was ist eine Gesprächstherapie?
Die Gesprächstherapie wird auch als klientenzentrierte Psychotherapie genannt, hierbei steht der Patient im Vordergrund und weniger das Problem. Es werden verborgene Fähigkeiten aufgedeckt, ebenso wird der Betroffene in der Therapie lernen, wie mit Problemen umgegangen werden soll.
Der Psychologe nimmt bei einer Gesprächstherapie nicht die Rolle eines Experten ein, dadurch ist dieser für den Patienten „nah“, es wird sich mehr anvertraut. Es kommt zu keinen Bewertungen und Ratschlägen, was hierfür von großer Bedeutung ist. Die Kraft der vertrauensvollen Beziehung zwischen Patienten und Therapeut führen zu einer Veränderung.
Doch auch bezüglich dieser Therapie gibt es Kritik, denn es wird angezweifelt, ob eine solche Beziehung als Grundlage für eine Psychotherapie akzeptiert werden kann.
Andere Formen der Therapie
Selbstverständlich gibt es noch eine große Palette an weiteren Therapien, welche basierend auf wissenschaftlichen Studien wirksam sind, jedoch nicht von den Krankenkassen übernommen werden.
Ein solches Beispiel ist die interpersonelle Psychotherapie, hierbei wird die Depression auf eine individuelle Kurzzeittherapie behandelt. Die Annahme ist hier, dass Kommunikationsstörungen zu psychischen Erkrankungen führen, weshalb Beziehungs- und Kommunikationsaspekte im Vordergrund stehen.
Abseits der wissenschaftlichen Welt gibt es auch Therapien, die keineswegs erprobt sind oder nach einem gesetzlichen Standard erfolgen. Hier ist es wichtig, sich vorab zu informieren und die Qualität genauestens zu prüfen. Dies ist primär dann der Fall, wenn ein Heilpraktiker für Psychotherapie dies übernehmen möchte, diese Leistungen werden aktuell noch (wenn auch teils) von den Privatkrankenkassen übernommen.
Als Patient ist es wichtig zu wissen, dass ein Heilpraktiker jeder werden kann, der eine Prüfung beim Gesundheitsamt ablegt, eine Ausbildung in diesem Bereich oder Ähnliches ist nicht erforderlich. Die Inhalte und Prüfung zur Erlangung dieses Titels sind ebenfalls nicht gesetzlich genormt.
Was ist wichtig bei einer Psychotherapie?
Wenn sich für eine Psychotherapie gegen Depressionen entscheiden wird, dann ist es wichtig, dass ein gutes Verhältnis zwischen Therapeuten und Patient entsteht. Der Patient muss sich zu jedem Augenblick wohlfühlen.
Aufgrund dieser Tatsache sollte ein Erstgespräch in Anspruch genommen werden, um den Psychologen kennenzulernen und um sich über sein Konzept zu informieren. Der Psychologe kann anschließend eine Einschätzung geben, welches Verfahren geeignet ist.